I N   M E M O R I A M    D R .   H A R A L D   B Ö H M E R     ( 1 9 3 1 – 2 0 1 7 )  

Dr. Harald Böhmer, promovierter Naturwissenschaftler, war seit Anfang der 1960er Jahre Lehrer an der Deutschen Schule in Istanbul und erforschte zusammen mit seiner Frau Renate (1931-2015) in den folgenden Jahrzehnten die Naturfärberei in türkischen Dörfern. Im Rahmen der staatlichen Deutschen Entwicklungshilfe führte er mit türkischen Studenten seit 1981 die Naturfärberei wieder ein und war der Initiator und Motor des DOBAG-Projektes, einer Zusammenarbeit der Marmara Universität Istanbul mit Dorfgenossenschaften. Das Projekt basierte auf naturwissenschaftlichen Untersuchungen an alten türkischen Textilien, an Pflanzen und Insekten sowie auf Feldforschungen und hat in der Folge die wirtschaftliche und soziale Stellung der Knüpferinnen in den Dörfern erheblich gestärkt. Zertifizierte DOBAG-Teppiche wurden und werden in die ganze Welt verkauft, der größte wurde für das Britische Museum in London gefertigt.

Ausgehend vom Vorderen Orient hatte Dr. Böhmer auf zahlreichen Reisen seine Forschungen zur Färbung von Textilien mit Naturfarben auf weitere Weltregionen ausgedehnt.

Im fakultätseigenen Laboratorium für Naturfarbstoffe widmete er sich  sowohl praktischen Aufgaben zu verschiedenen Aspekten der Naturfärberei als auch der Forschung auf dem Gebiet der Färbungsanalysen. Museen und Textilsammler der ganzen Welt beauftragten farbanalytische Untersuchungen an Textilien und schätzten seine Expertisen als international anerkannter Wissenschaftler.

Harald Böhmer lehrte und forschte bis 2004 an der Fakultät für Bildende Künste der Marmara Universität Istanbul.

Er war Autor einer Vielzahl von Artikeln in verschiedenen Medien und veröffentlichte mehrere Bücher. Eines seiner wichtigsten Werke trägt als Titel den türkischen Begriff „Kökboya“ – wörtlich übersetzt „Wurzelfarbe“. Darüber hinaus war er mit seiner Arbeit, Forschung und seinen Reisen Sujet vieler Veröffentlichungen.

Dr. Böhmer dokumentierte auf seinen Reisen auch insbesondere die ausklingende Kultur der anatolischen Nomaden. Er arbeitete freundschaftlich eng mit der amerikanischen Fotografin Josephine Powell zusammen.

Für seine Lebensleistung wurde Dr. Harald Böhmer 2005 das Bundesverdienstkreuz verliehen.